Bauen und Psychologie – eine Synthese im Sinne des Wohnens

Bauen und Psychologie – eine Synthese im Sinne des Wohnens

Bauen und Psychologie als Synthese zu betrachten kann viele Probleme lösen.

Um die Ziele des Bauens zu erreichen, sollen, ja müssen das Bauen und die Psychologie zusammen wirken. Wir Menschen sind in der Lage Gebäude zu errichten, die den Zweck haben unsere Bedürfnisse abzudecken. Tiere können dies nur sehr eingeschränkt. Sie bauen auch Höhlen und Nester um sich zu schützen, sind dabei jedoch engen biologischen Grenzen ausgesetzt.

Bei uns Menschen ist das Bauen eine Kulturleistung, mit der wir unsere Lebenswelten bestimmen. Wir können Ziele definieren und dann die entsprechenden Gebäude dazu entwerfen. Der Architekt Le Corbusier hat den „Menschen als das Maß aller Dinge“ bezeichnet, und sich dabei auf wirkliche Maßeinheiten bezogen, also Längen und Breiten. Aus psychologischer Seite können wir feststellen, dass die Architektur damit ringt, den Menschen als die Basis des Bauens zu beschreiben. Der Architektur als Fachrichtung und dem Bauen grundsätzlich fehlt das Wissen, um eine Architekturtheorie  zu entwickeln, die den Menschen in das Zentrum rückt. Leider hat der Diskurs der wissenschaftlichen Disziplinen Architektur und Psychologie zu wenig stattgefunden. Dies hat zur Folgen, dass Wesentliches fehlt, nämlich die Orientierung an den grundsätzlichen Zielen des Bauen, die menschlichen Bedürfnisse.

Das Fachgebiet der Wohn- und Architekturpsychologie kann diese Lücke schließen, weil sie der Architektur dieses Wissen zur Verfügung stellen kann. Aber wir wollen uns hier nicht in einer Architekturkritik verlieren, sondern beschreiben, wieso das Bauen die Psychologie unbedingt braucht und was passiert, wenn ohne Psychologie gebaut wird. Dazu wenden wir uns dem Kern dieses Blogs zu, nämlich der Wohnqualität und dem Hausbauen.

Menschliche Bedürfnisse als Grundlage des Bauens

Die Psychologie hat eine detaillierte Darstellung von menschlichen Bedürfnissen zu bieten. Wieso brauchen wir das für die Bautätigkeit? Wenn wir ein Gebäude errichten, so streben wir immer Ziele an. Leider sind diese Ziele meist nicht klar ausformuliert. Betrachten wir die Errichtung eines Einfamilienhauses, so findet vor der Planung häufig folgendes statt:

  • Nachdem es um ein Wohngebäude geht, ist das Ziel dieser Bautätigkeit ein gutes Wohnen
  • Sowohl Baufamilien als auch Planer gehen davon aus, mit dieser Einstufung eine ausreichende Definition der Planungsziele zu besitzen
  • So werden in der Vorbesprechung nur mehr einige Details geklärt, nicht aber wesentliche Parameter des Wohnens angesprochen

Betrachtet man das Bauen von Wohngebäuden als die Errichtung von menschlichen Lebensräumen, so ist es unumgänglich danach zu fragen, was die Qualität dieser menschlichen Lebensräume ausmacht. Damit sind wir bei einem psychologischen Thema gelandet – nämlich den menschlichen Bedürfnissen, die beim Wohnen berührt werden.

Grundlegende Bedürfnisse des Wohnens sind:

  • Schutz vor Reizüberflutung in jeder Form
  • Geborgenheit und das Empfinden von Sicherheit
  • Erholung im Sinne eines Ausgleiches bei Belastungen
  • Ein harmonisches Zusammensein mit den Familienmitgliedern
  • Selbstbestimmung im Umgang mit Privatheit, sowie der Regulation von Nähe und Distanz
  • Einfache Haushaltsführung
  • Usw.

Die meisten Planer/innen würden dieser Aufzählung zustimmen, auch wenn sie es nicht so formulieren würden. Trotzdem werden bei all diesen Bedürfnissen des Wohnens häufig Fehler gemacht. Woran liegt dies? In der Architektur gibt es keine hinreichend detaillierte Beschreibung dieser Bedürfnisse und auch nicht davon, wie diese Bedürfnisse durch bauliche Maßnahmen abgedeckt werden können. Dies ist jedoch die Kernkompetenz der Wohn- und Architekturpsychologie. Also ist ein Know-H,ow-Transfer angebracht und notwendig.

Wohnbedürfnisse und Bedarfsplanung

Soll die Wohnqualität von Neu- und Umbauten verbessert werden, so hat die Planungsbranche die Verpflichtung, sich dieses Wissen zu holen, also aktiv an der Einbindung des wohnpsychologischen Wissens zu arbeiten. Dies passiert jedoch nur in Einzelfällen. Stattdessen hat das Bauwesen eine Norm eingeführt, mittels derer jegliche Definition von Planungszielen an den  Bauherrn verwiesen wird. Die DIN Norm 18205 – „Bedarfsplanung im Bauwesen“ – gibt zwar einerseits die Notwendigkeit einer Definition des Planungszieles vor, delegiert dies jedoch gleichzeitig an den Bauherrn. Damit wird erreicht, dass Planungsfehler im Sinne von Wohnqualität, also im Sinne des Planungszieles, nicht einklagbar sind. In dieser Norm heißt es: „Wenn es beim Bauen Probleme gibt, liegt das oft an einer ungenügenden Bedarfsplanung. Das heißt, die Bauaufgabe ist ungenügend definiert, die Bedürfnisse von Bauherren und Nutzern werden nicht ausreichend ermittelt und vermittelt.“ Gleichzeitig wird festgehalten, dass diese Bedarfsplanung Aufgabe der Bauherren ist. Der Bauherr weiß jedoch weder von dieser Norm, noch von Bedarfsplanung, noch wird er in der Regel vom Planer/in darüber informiert. Außerdem wird in dieser Norm vom Bauherrn gesprochen, wodurch negiert wird, dass die späteren Nutzer mehrere Personen, vor allem auch Frauen und Kinder, beteiligt sind. Daher werde ich den Begriff Bauherrn hier durch Baufamilien ersetzen.

Planende sollten diese Bedarfsplanung zumindest einfordern, wenn sie diese schon nicht aktiv gestalten. Damit schaffen wir jedoch das Problem des mangelnden Wissens zu den Wohnbedürfnissen nicht aus der Welt.

Beim Hausbau stellt sich dies dann so dar, dass sich Planende und Kunden die Verantwortung für wohnpsychologische Qualität gegenseitig zuschieben. Die Planenden befinden, dass die Baufamilie erst nach einer abgeschlossenen Bedürfnis- und Bedarfsanalyse zu ihm/ihr kommt. Der Kunde befindet, dass der Planende wohnpsychologisches Wissen mitbringt, was jedoch nicht den Tatsachen entspricht, weil Planende dazu nicht die Ausbildung besitzen. Es entsteht also ein Vakuum hinsichtlich der wohnpsychologischen Qualität bzw. hinsichtlich Wohnqualität. Als Rechtfertigung wird häufig behauptet, Wohnqualität ist etwas rein Subjektives. Dies stimmt jedoch nicht, weil Wohnqualität klar definierten Kriterien folgt.

Um hier Abhilfe zu schaffen, bietet die Wohnpsychologie eine fundierte Bedürfnisanalyse an, die oben beschriebene Bedürfnisse umsetzbar macht.

Diese Bedürfnisse in eine technische Sprache übersetzen

Die Umsetzung von Wohnbedürfnissen erfordert  jedoch zwischen Bedürfnisanalyse und der Planung einen Schritt, der im Planungsprozess ebenso, oder sogar noch stärker negiert wird, als die Bedürfnisanalyse, nämlich die Übersetzung von Wohnbedürfnissen in eine Planungssprache. Was bedeutet dies?

Formulieren Sie ein Bedürfnis, wie z.B. das Bedürfnis nach Geborgenheit, so reicht dies nicht aus, sondern es muss sehr genau und detailliert festgehalten werden, was Sie darunter verstehen, wie Geborgenheit für Sie entsteht. Wird dieser Schritt ausgelassen, so bedeutet dies, dass der Planende Geborgenheit nach seinem Verständnis herzustellen versucht. Damit beginnt häufig eine fast endlose Schleife von Versuch und Irrtum, oder anders ausgedrückt, die Planung wird mühsam, weil zwischen Planer/in und Baufamilie scheinbar die Chemie nicht zu stimmen scheint. In Wirklichkeit handelt es sich um ein Kommunikationsproblem, weil nicht kommuniziert wird, wie bestimmte Bedürfnisse in die Planung einfließen sollen. Beim Planen treten jedoch auch andere Kommunikationsprobleme auf, die das Planungsergebnis in Frage stellen, bzw. den Planungsprozess erheblich erschweren.

Kommunikationsprobleme beim Planen

Kommunikation bei Planungsaufgaben ist ein vielschichtiges Thema, das ich hier für die Situation des Hausbauens näher beschreiben möchte. In diesem Blog können wir das Thema  lediglich anreißen, und die Punkte aufzeigen, die zu Kommunikationsproblemen führen können. Dazu unterscheiden wir zwischen innerer Kommunikation aller Beteiligten und der direkten (äußeren) Kommunikation zwischen den Beteiligten.

Innere Kommunikation oder auch innere Klarheit der Planungsfamilie bedeutet Antworten auf diese Fragen zu haben:

  • Bin ich mir klar darüber, was ich will und brauche?
  • Bin ich mir klar darüber, wie ich dies dem Planer vermitteln will?

Kommunikation zwischen den Beteiligten der Baufamilie bedeutet:

  • Kennen wir gegenseitig die Bedürfnisse voneinander?
  • Haben wir ausreichend darüber diskutiert, wie ev. divergierende Bedürfnisse in der Planung umgesetzt werden sollen?

Innere Kommunikation des Planers bedeutet:

  • Bin ich mir klar darüber, dass meine Vorstellung der Umsetzung dieser Planungsaufgabe nicht unbedingt mit dem Übereinstimmen muss, was die Baufamilie will und braucht

Kommunikation zwischen Baufamilie und Planer bedeutet zu wissen:

  • Wie gelingt es alle relevanten Wohnbedürfnisse in das Gespräch einzubinden?
  • Wie wird mit unterschiedlichen Vorstellungen in der Baufamilie umgegangen?
  • Wie wird mit unterschiedlichen Vorstellungen zwischen Baufamilie und Planer umgegangen?

Lösungswege

Mit diesen Kommunikationsaufgaben haben wir einen Themenbereich geöffnet, der uns in diesem Blog immer wieder begleiten wird. Der grundsätzliche Lösungsweg für eine gelungene Kommunikation in der Planungsaufgabe des Hausbauens liegt im Dreischritt von Bedürfnisanalyse, Planungskonzept und Entwurfsplanung. Dies sind drei zeitlich klar voneinander abgegrenzte Phasen und haben folgende Aufgaben:

Die Bedürfnisanalyse ist eine Phase, in der man noch nicht lösungsorientiert denken sollte, weil dies die Formulierung von Wohnbedürfnissen hemmen würde. Hier geht es darum, mit verschiedenen Methoden, Übungen, Arbeitsblättern, Checklisten usw. möglichst alle wichtigen Wohnbedürfnisse aller späteren Nutzer zu beschreiben. Die Bedürfnisse ev. späterer Benutzer wie Kinder, oder späterer Lebensphasen, einzubringen, sind dabei die Aufgaben eines gut geschulten Experten zum Thema, sei es eine Planer/in, oder eine externe Berater/in aus dem Gebiet der Wohnpsychologe.

Die Erstellung eines Planungskonzeptes ist deshalb notwendig, weil Bedürfnisse in einer persönlichen Sprache formuliert werden, und damit meist die Umsetzung nicht thematisiert wird. Im Planungskonzept erfolgt die Übersetzung der Bedürfnisse in eine technische Planungssprache, hier wird also beschrieben, wie die Umsetzung aussehen soll.

Dieses Planungskonzept bietet die Grundlage für die Entwurfsarbeit. Gleichzeitig ist es ein Korrektiv, und ein Maßstab für die Exaktheit der planerischen Umsetzung. Da im Entwurf der kreative Umsetzungsprozess beginnt, können natürlich weitere wichtige Aspekte auftauchen, die dann in einem laufenden Dialog eingearbeitet werden.

Dieser Lösungsweg ist ohne Wohnpsychologie kaum denkbar und erfordert darüber hinaus spezielle kommunikative Fähigkeiten, die in der Baubranche doch häufig fehlen. Wohnpsychologie ist kein exotisches Anhängsel des Bauens, sondern sollte integraler Bestandteil jedes Planungsprozesses sein, mit dem Ziel die Qualität des Gebauten zu erhöhen.

In weiteren Blogartikeln werde ich auf die Detailfragen eingehen, die sich dabei ergeben.

4 Strategien gegen den Wohnstress

4 Strategien gegen den Wohnstress

Die 4 Strategien gegen den Wohnstress sollen helfen, sich vor dauerhaften Belastungen der Wohnung zu schützen. Dies ist ein zentrales Wohnbedürfnis. Stressfaktoren des Wohnens zu beseitigen ist vor allem deshalb wichtig, weil diese über einen sehr langen Zeitraum wirken, und damit auch eine Belastung für unsere Gesundheit darstellen. Außerdem sind Dinge, die wir täglich um uns haben, häufig so vertraut, dass wir sie nicht mehr als Belastung wahrnehmen. Wir haben uns daran gewöhnt, was nicht heißt, dass die Belastung weg ist.

Fühlen Sie sich Zuhause nicht so wohl, wie Sie sich das wünschen, so können Sie dies ändern, indem Sie Wohnstresse erkennen und beseitigen. Der nächste Schritt ist es dann, Stressfaktoren durch erholsame Gestaltung zu ersetzen.

Vor welchen Belastungen sprechen wir hier? Wohnstresse sind nicht nur Belastungen, die so massiv wirken, wie etwa eine Autobahn in der Nähe, sondern vor allem Stressfaktoren, die durch das Wohnen direkt entstehen und oft schwer zu erkennen sind. Zum besseren Überblich, wollen wir hier 4 unterschiedliche Formen von Wohnstress beschreiben.

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Wohnstress 1 – Reizüberflutung – Ihre Sinne werden stärker gereizt, als es für Sie gut ist

kreis-gelb1Wohnstress 2 – Wohnkonflikte – Die Raumaufteilung führt zu Konflikten in der Wohnnutzung

kreis-gelb1Wohnstress 3 – Unsicherheit – aus mangelnder Geborgenheit entsteht ein diffuses Gefühl der Unsicherheit

kreis-gelb1Wohnstress 4 – Ineffizienz – der Alltag ist beschwerlicher als dies sein müßte, weil die Wohnung ineffizient gestaltet ist

Die 4 Strategien gegen den Wohnstress

Diese 4 Formen von Wohnstress gilt es zu erkennen und zu beseitigen. Dazu können wir die 4 Strategien anwenden, die ich im Anschluss näher beschreibe:

  • Das Reizniveau Ihren Bedürfnissen anpassen
  • Aktive und passive Wohnfunktionen trennen
  • Plätze der Geborgenheit herstellen
  • Alltagsfunktionen vereinfachen

Hier wollen wir uns diese 4 Strategien im Detail ansehen.

gegen Wohnstress 1 – Wahrnehmungsqualität herstellen

Wahrnehmung ist für unsere Sinne so etwas wie die Nahrung für unseren Körper. Wir brauchen Sie um psychisch bei Kräften zu bleiben. In einer Zeit der Reizüberflutung wird es immer wichtiger, darauf zu achten, mit welchen Reizen man sich umgibt.  Achten wir nicht darauf, so ist das gleichzusetzen mit einer ungesunden Ernährung, es ist so als ob wir täglich Junck Food essen würden. Die Folgen von ungesunder Ernährung sind hinreichend bekannt. Nicht so ist es mit der Nahrung für unsere Sinne und für unser Nervensystem. Eine hohe Wahrnehmungsqualität in der Wohnung und Wohnumgebung wirkt auf längere Sicht sehr positiv auf unser Nervensystem und kann Phänomenen wie dem Burn Out vorbeugen. Wahrnehmungsqualitäten sind also ein wesentlicher Beitrag für unsere Gesundheit. Dabei sollten alle Sinne berücksichtigt werden, also auch der Geruchssinn oder der Tastsinn. Hier eine Aufstellung möglicher Wahrnehmungsstresse:

  • Eine unruhige Gestaltung durch zu viele optische Reize
  • Geräusche aus anderen Zimmern oder von außen
  • Schlechte Akustik – es hallt im Raum
  • Materialien, die man nicht gerne angreift
  • Oberflächen, die ein gewisse Verletzungsgefahr ausstrahlen (z.B. raue Oberflächen oder spitze Kanten)
  • Überhitzung
  • Blendung

Diese Punkte haben gemeinsam, dass sie zu viele Reize bieten. Stress kann jedoch auch entstehen, wenn zu wenige Reize vorhanden sind, wie etwa bei:

  • Monotoner Gestaltung
  • Zu wenig Beleuchtung oder Tageslicht
  • Vollkommener Stille

2 Möglichkeiten Wahrnehmungsstress zu korrigieren

Grundsätzlich können wir die Quantität oder die Qualität von Reizen verändern, beides führt zu einer besseren Wahrnehmungsqualität und wird sich für Sie besser anfühlen. Hierzu einige Beispiele:

Licht

Ein zu dunkler Raum kann durch mehr Lichtquellen erhellt werden, wir können jedoch auch das Lichtspektrum unseren Bedürfnissen anpassen. Wir können z.B. ein warmes Licht dort verwenden, wo wir uns entspannen wollen und uns geborgen fühlen.

Gestaltung

Eine zu unruhige Gestaltung kann korrigiert werden, indem wir Dinge wegnehmen. Wir können jedoch auch auf die Qualität der Gestaltung einwirken, indem wir Dinge verwenden, die in uns angenehme Gefühle oder Erinnerungen wecken.

Geräusche und Akustik

Eine schlechte Akustik können wir durch weiche Materialien dämpfen, wir können jedoch auch angenehme Geräusche in einen Raum bringen, wie etwas das Plätschern eines Zimmerbrunnens

Wärme

Zu viel Wärme (Überhitzung) kann durch Abschattung korrigiert werden, wir können jedoch auch eine angenehme Wärme wie die Strahlungswärme herstellen.

Meine Empfehlung für dieses Thema lautet also:

Betrachten Sie Ihre Räume hinsichtlich aller Sinnesmodalitäten, stellen Sie fest, ob hier jeweils zu viele oder zu wenig Sinnesreize (Quantität) vorhanden sind und korrigieren Sie möglichst mit qualitativen Reizen, oder anders formuliert, können sie sich diese Frage stellen:

Welche Reize sind zu viel oder zu wenig, und wie kann ich dies meinen Bedürfnissen anpassen?

Hier drängt sich eine wichtige Frage auch, was ist wenn der Partner dies anders empfindet? Dies kann sehr wohl der Fall sein. Es gibt geschlechtsspezifische Unterschiede in der Wahrnehmung von Wärme, es gibt unterschiedliche Geschmäcker, und es kann sein, dass Sie hochsensibel sind, und Ihr Partner nicht, oder umgekehrt. Dies bedeutet, dass die gemeinsame Gestaltung von Räumen eine intensive Kommunikation verlangt, wo die eigenen Empfindungen, aber auch die eigenen Bedürfnisse vermittelt werden sollten. Im Blogartikel Wohnkonflikte und Wohn-Glück habe ich diese Thematik näher beschrieben.

Gegen Wohnstress 2 – Wohnfunktionen trennen

Vor allem bei Familien entsteht viel Stress durch unterschiedliche Nutzung. Diese Nutzungskonflikte führen meist zu einem Gefühl der Beengung, ev. zu einem Rückzugsverhalten, manchmal auch zu Aggression. Also sind Nutzungskonflikte eine wesentlicher Stressfaktor, der leider durch die moderne Bauweise genährt wird. Es ist naheliegend, dass ein Gemeinschaftsbereich, in dem Kochen, Essen und Wohnen in einem Raum stattfinden, zu Konflikten führen muss. Einige typische Beispiele dafür:

  • Eine Person will lesen, die andere Fernsehen oder Musik hören
  • Eine Person will den eigenen Hobbys nachgehen und dabei möglichst wenig gestört werden, die Kinder spielen
  • Eine Person hat Freunde eingeladen, die zweite Person will aber nicht dabei sein

Diese Liste lässt sich fast beliebig fortsetzen. Sobald zwei oder mehrere Menschen zusammen leben, werden laufend unterschiedliche Bedürfnisse vorhanden sein, die ein Denken in Zonen nahelegen. Jedes Bedürfnis braucht Raum und somit sollten Tätigkeiten, die sich gegenseitig stören auch räumlich getrennt sein.

Praktikabel ist eine Trennung von aktiven und passiven Wohnfunktionen. Dies bedeutet, dass es im Gemeinschaftsbereich einen Raum für den Alltag, für die Hausarbeit, für das Beisammensein und für das Spielen der Kinder geben soll. Ein zweiter Raum kann dann als ruhiger Rückzugsbereich dienen. Mehr Zonen sind nicht nötig, weniger sind nicht passend. Die Aufteilung des Gemeinschaftsbereiches in zwei Räume ist ein Hauptthema im Buch „das Familienhaus“.

Gegen Wohnstress 3 – Plätze der Geborgenheit schaffen

Geborgenheit in der Innengestaltung

Geborgenheit in der Innengestaltung

Geborgenheit ist ein zentrales Wohnbedürfnis, das ich im Blogartikel „Bauen für Geborgenheit“ näher beschrieben habe. Dort habe ich auch die Grundformel für räumliche Geborgenheit beschrieben, nämlich „sehen ohne gesehen zu werden“. Wenn Sie sich in Ihrem Zuhause Plätze schaffen, wo Sie Überblick haben, gleichzeitig aber nicht von außen beobachtet werden können, haben Sie die Grundvoraussetzung für Geborgenheit geschaffen. Zahlreiche Gestaltungsmittel können dies unterstützen, wie etwa die Verwendung weicher Materialien, warmer Farben oder auch von runden Formen. Mehr dazu können Sie in meinem Artikel nachlesen.

Machen wir uns hier jedoch noch etwas Gedanken, wie das Gefühl der Unsicherheit entsteht. Grundsätzlich entsteht Unsicherheit beim Verlust von Kontrolle. Wenn wir also nicht mitbekommen, was um uns herum passiert und keinen Einfluss darauf haben. Der beste Einbruchschutz kann diese Unsicherheitsgefühle nur marginal beeinflussen. So betrachtet hat Sicherheit nicht nur mit der eigenen Wohnung zu tun, sondern sehr viel mit dem Umfeld und der Nachbarschaft. Sicherheit entsteht, wenn wir die Nachbarn kennen und wenn wir darauf vertrauen können, dass sich diese zuständig fühlen, wenn Unvorhergesehenes passiert. Gerade bei der Auswahl von Wohnungen oder auch von Grundstücken sollte man auf das Umfeld achten.

Gegen Wohnstress 4 – Alltagsfunktionen vereinfachen

Nun sind wir wieder bei einem Thema, das mit den Innenräumen zu tun hat. Wenn Sie das Gefühl haben Ihr Wohnalltag ist sehr anstrengend, könnten ev. diese Gründe dahinter stecken:

  • Sie müssen mehr Wege zurück leben, als dies notwendig ist
  • Sie können die Haushaltsführung (Kochen, Waschen, Bügeln usw.) schwer mit der Kinderaufsicht verbinden
  • Es ist schwer Ordnung zu halten, weil zu wenig Stauraum vorhanden ist

Es kann seine, dass diese Stressfaktoren schwer zu ändern sind, nämlich dann, wenn die Gründe in der Raumaufteilung liegt, die nicht zu ändern ist. Und doch können Lösungsansätze gefunden werden, wenn man Funktionen verändert. Sehen wir uns dies nun im Detail an:

Wegeführung

Ein richtig aufgeteilter Grundriss führt automatisch zu einer passenden Wegeführung. Probleme könnten entstehen, wenn Kochen und Essen nicht unmittelbar aneinander grenzen. Ist dies der Fall, so könnte geprüft werden, ob man diese Situation durch eine Umnutzung verändern kann. Optimal für die Haushaltsführung ist die Essküche. Wenn Ihre Küche groß genug ist, können Sie zumindest einen kleineren Esstisch dort unterbringen.

Haushalt und Kinderaufsicht

Der Familientisch in der Küche ist optimal um Haushalt und Kinderaufsicht gut verbinden zu können. Für kleine Kinder ist es wichtig in der Nähe der Mutter (oder des Vaters) spielen zu können. Daher ist eine Spielfläche in Küchennähe optimal. Am besten geeignet ist ein großer Raum, wo mehrere Funktionen verknüpft werden können.

Staumöglichkeiten

Stauraum mit wenig Fläche zu schaffen ist ein Hauptthema verschiedener Möbelhäuser. Bevor Sie sich auf den Weg machen, sollte dieser Stauraum zumindest grob geplant werden. Eine Liste dessen was verstaut werden soll kann hilfreich sein, dabei können Sie auch gleich überlegen, was den Weg in den Altstoff finden kann.

Überblick zum Thema

Dieser Artikel bietet einen kurzen Überblick zu den Themen, die beim Wohnen Stress verursachen können. Die vorgestellten Strategien gegen den Wohnstress sind vielfältig anwendbar, werden jedoch im individuellen Fall jeweils anders aussehen. Wichtig ist es das Problem (die Stressfaktoren) zu lokalisieren. Meist wird dann bereits ein Lösungsweg sichtbar.

Viel Spaß bei den kreativen Lösungen wünscht

Herbert Reichl